Szenario: E-Mail Migration
In vielen Carve-Outs muss im Rahmen der Trennung von der Muttergesellschaft eine E-Mail Migration durchgeführt werden. Dabei werden die Daten wie z.B. E-Mails, Kalendereinträge, Kontakte, Notizen usw. vom E-Mail-System der Verkäuferseite auf das E-Mail-System des Carve-Out Objekts transferiert. Für die Migration in die Microsoft 365 Cloud werden hier verschiedene Szenarien betrachtet.
Tenant-zu-Tenant Migration:
In vielen Fällen wird auf Verkäuferseite heute schon Microsoft 365 in unterschiedlichen Ausprägungen eingesetzt. Um die Daten zu separieren, müssen diese innerhalb der Microsoft Cloud vom Mandanten (Tenant) der abgebenden Einheit zu einem neuen Mandanten umgezogen werden. Da Microsoft anfangs keine eigenen Werkzeuge für die Datenmigration bereitstellte, musste hier auf Tools von Drittanbieten zurückgegriffen werden. Zu nennen sind zum Beispiel: Power365 von BinaryTree oder MigrationWiz von BitTitan, die bereits erfolgreich in Carve-Out Projekten von digatus eingesetzt wurden. Für diese Tools müssen Lizenzgebühren pro Anwender bezahlt werden. Hinzu kommen teilweise noch Kosten für einen erweiterten Leistungsumfang wie z.B. Onedrive oder Sharepoint Migrationen.
Mittlerweile unterstützen auch die Fast Track Spezialisten von Microsoft selbst bei der Migration der Daten. Allerdings erfolgt dieser Support erst ab einer Mindestbestellmenge von 500 Lizenzen. Mit Unterstützung der Migrationstools ist es möglich, die Umstellung der Daten weitestgehend im Hintergrund durchzuführen, da mit der Synchronisation der Daten bereits einige Wochen vor dem eigentlichen Umstellungstermin begonnen werden kann. Kurz vor dem Umstellungstermin werden dann die letzten Daten synchronisiert und der Zugriff auf die neue Mailbox freigeschaltet. Unserer Erfahrung nach ist es sinnvoll, den finalen Datenabgleich in der betriebsarmen Zeit z.B. am Wochenende durchzuführen.
Der große Vorteil der Tenant-zu-Tenant Migration ist, dass die Daten bereits in der Microsoft Cloud vorhanden sind und nicht mehr von einem lokalen Server über eine Internetverbindung in die Cloud transferiert werden müssen. Die Auswirkungen auf die Anwender sind in diesem Szenario sehr gering.
Lokaler Exchange Server – Exchange Online
Weithin verbreitet sind auch immer noch lokale Exchange Server mit unterschiedlichsten Versionsständen. Dort gestaltet sich die Umstellung auf den Cloud E-Mail Service von Microsoft (Exchange online) etwas aufwendiger. Da die Mailboxdaten lokal in einem oder mehreren Rechenzentren liegen, müssen diese zuerst über eine Internetverbindung in die Cloud hochgeladen werden. Je nach Größe der zu migrierenden Mailboxen kann es zu Bandbreitenengpässen beim Datentransfer kommen. Dies führt entweder dazu, dass die Migration der Mailboxen in mehreren Phasen durchgeführt werden muss oder die Anwender im ersten Schritt mit leeren Mailboxen starten und die Daten erst nach und nach transferiert werden.
Non-Microsoft (z.B GSuite, Notes)
Besondere Anforderungen gibt es bei der Migration von E-Mail Systemen anderer Hersteller wie z.B. GSuite von Google oder Notes von HCL. In einem solchen Fall arbeiten wir mit spezialisierten Unternehmen zusammen, da hier teilweise noch zusätzliche Services wie z.B. Workflows migriert werden müssen.
Eine andere Möglichkeit ist es, die Anwender mit leeren Mailboxen zu versorgen. Die Daten aus den Altsystemen müssten in diesem Fall entweder archiviert und den Anwendern zugänglich gemacht werden oder durch den Anwender selbst migriert werden.
Microsoft 365 Lösungen im Rahmen von Carve-Out Szenarien
Szenario: Onedrive
Wird Onedrive als Teil der Microsoft 365 Suite genutzt, müssen auch hier die Daten migriert werden. Für die Migration der Daten gibt es verschiedene Optionen: Bei größeren Anwenderzahlen macht der Einsatz von Drittanbietertools (siehe E-Mail Migration) Sinn. Bei 50 Anwendern und weniger macht es in manchen Fällen Sinn, die Migration der Daten vom Anwender selbst durchführen zu lassen. Hier hat es sich bewährt entsprechende Anleitungen bereit zu stellen und eine passende Supportstruktur zu implementieren z.B. spezielle Hotline Rufnummer für die Migrationsunterstützung.
Szenario: Microsoft Teams
Mittlerweile ist auch Microsoft Teams immer mehr in den Unternehmen verbreitet. Dabei handelt es sich um einen digitalen Hub, der Austausch, Inhalte, zugewiesene Aufgaben und Apps an einem Ort vereint und bereits in der Microsoft 365 Suite integriert ist. Mit zunehmender Verbreitung der Applikation müssen auch für Carve-Out Szenarien Lösungen erarbeitet werden, um die Daten des Targets zu separieren und schlussendlich zu migrieren. Hierbei ist es wichtig zu wissen, dass z.B. Chat-Daten nicht migriert werden können. Es ist allerdings möglich einzelne Teams und deren zugehörige Daten zu migrieren. Da es aber zeitaufwändig und kompliziert, und damit teuer, ist, die Daten zwischen Seller und Target zu separieren, macht es in Carve-out Projekten meistens Sinn diese Daten nicht zentral zu migrieren und stattdessen mit einem neuen, leeren Setup zu starten.
Die Nutzung von Teams für Telefonie stellt eine zusätzliche Komplexität in den Migrationsprojekten dar. Grundsätzlich gibt es die Möglichkeit Teams an eine Telefonanlage anzubinden oder die Cloud PBX Funktionalität von Microsoft zu nutzen.
Ist Teams mit einer Telefonanlage verbunden, entstehen weitere Abhängigkeiten (z.B. Portierung der Rufnummern, Contact Center Lösungen, Rufweiterleitungen, Gruppenschaltungen etc.), die die Komplexität deutlich erhöhen. Deshalb macht es Sinn, die Umstellung der Telefonie in einem Teilprojekt gesondert zu betrachten und, wenn möglich, auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.
Wird bereits die Microsoft Cloud PBX Funktionalität genutzt, muss mit der Verkäuferseite geklärt werden, ob die Rufnummern übernommen werden können oder ob es notwendig ist, neue Rufnummern zu vergeben. In einigen Fällen macht es Sinn direkt mit neuen Rufnummern zu starten, dies vereinfacht auch den Umstellungsprozess erheblich.
Szenario: Sharepoint, Yammer, Planner, OneNote, PowerBI etc.
Als Teil der Microsoft 365 Suite werden eine Vielzahl von weiteren Services angeboten wie z.B. Sharepoint, Yammer, Planner, OneNote, PowerBI etc. Diese benötigen alle eigene Strategien und Herangehensweisen und müssen entsprechend einzeln betrachtet werden. Eine tiefergreifende Betrachtung würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen.
Szenario: Rebranding
Nicht selten wird im Rahmen eines Carve-Out Projekts die Zielfirma auch umbenannt, da bei der Herauslösung aus der Muttergesellschaft ein neues Unternehmen entsteht, das am Markt mit einer eigenen Identität auftritt. Im Rahmen unserer IT Carve-Out Projekte begleiteten wir beispielsweise die Gemini Rail Group sowie die GRANOVIT SA bei diesem Prozess. Ein elementarer Teil eines sogenannten Rebrandings ist die Änderung der E-Mail Adressen. Diese Aktivität lässt sich gut mit der Migration des E-Mail Systems verbinden. Auch hier gibt es wieder eine Vielzahl von verschiedenen Fällen, die vor allem davon abhängen, welche Vereinbarung zur Nutzung der alten E-Mail Adressen mit der Muttergesellschaft getroffen wurden. So ist es z.B. möglich, dass:
- eine Weiterleitung von der alten auf die neue E-Mail Adresse eingerichtet wird
- ein sogenannter Autoresponder aktiviert wird, der automatisch auf eingehende Nachrichten mit einem voreingestellten Text antwortet
- oder die alte E-Mail Adresse im neuen E-Mail System weitergenutzt wird
In allen beschriebenen Fällen ist eine Unterstützung bei der Einrichtung durch die abgebende Einheit zwingend notwendig. Außerdem ist darauf zu achten, dass die neue Domain rechtzeitig reserviert wird und eine Möglichkeit besteht, diese zu verwalten.[/artikel_text][artikel_text headline=“Herausforderungen“]
Für alle Szenarien gemeinsam gelten die im Folgenden beschriebenen Herausforderungen.
Allen voran zu nennen ist die Qualität der bereitgestellten Daten. Ohne eine vernünftige Datenbasis ist eine erfolgreiche Migration nicht möglich. Hierbei kommt es darauf an, die Anwender und ihre zugehörigen Accounts zu identifizieren und eindeutig dem Target zuzuordnen. Nur so ist es möglich, die korrekten Daten zu migrieren.
Auch die bereits genannte Menge der Daten ist nicht außer Acht zu lassen. Bei einer Cloudmigration erfolgt der Datentransfer immer über eine Internetleitung. Diese muss entsprechend groß dimensioniert sein, um die Menge der Daten in einem möglichst kurzen Zeitraum transferieren zu können. Nicht selten handelt es sich um Datenmengen im Bereich von mehreren Terrabytes.
Eine zusätzliche Herausforderung ist die Unterstützungsleistung seitens des Verkäufers. Diese ist zwingend notwendig, um einerseits die Daten bereitzustellen und andererseits Änderungen an der bestehenden Konfiguration vorzunehmen z.B. Anpassung des E-Mail Routings, Löschung der alten E-Mail Adressen, Einrichtung von Weiterleitungen etc. Idealerweise werden die Unterstützungsleistungen in einem Transitional Service Agreeement (TSA) definiert, der zwischen Verkäufer und Käufer geschlossen wird.
Fazit
Oftmals werden Unternehmen nach einem erfolgreichen Carve-Out deutlich kleiner und vor allem dynamischer, wenn sie aus den komplexen Konzernstrukturen und deren IT-Umgebung herausgelöst werden. Der Einsatz von Microsoft 365 kann ihnen dabei helfen flexibel und schnell zu agieren, denn es bietet sowohl die nötige Stabilität als auch Sicherheit und kann bei Bedarf einfach skaliert werden. Durch diese Anpassungsfähigkeit an Unternehmensentwicklungen eignet sich Microsoft 365 gut als Lösung in Carve-Outs.