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Vom Sozialarbeiter in die IT-Branche als Junior Consultant

Unser Kollege Johannes Gollner wechselte von seinem Beruf als Sozialarbeiter in die IT-Branche und absolviert nun bei uns berufsbegleitend den Masterstudiengang Sozialinformatik. Warum er sich für diesen Fachgebietswechsel entschieden hat und wie er dadurch die Digitalisierung in der Sozialwirtschaft weiter voranbringen will, erklärt er in diesem Beitrag.

Die Herausforderungen als Sozialarbeiter in Bezug auf Digitalisierung

Nach meinem Studium der Sozialen Arbeit in Bachelor und Master sowie gut einem Jahr Berufspraxis als Sozialpädagoge wurde mir sehr schnell ein Punkt deutlich bewusst: in Sachen Digitalisierung gibt es im Feld des sozialwirtschaftlichen Sektors noch einiges zu tun!

Um eine etwas genauere Vorstellung von meinem Werdegang zu vermitteln, möchte ich zu Anfang eine mir bereits vielfach gestellte Frage anhand von Beispielen beantworten: was genau ist soziale Arbeit? Praktisch tätig war ich im Feld der sozialen Arbeit bislang in einer Wohngruppe für psychisch erkrankte Menschen, einer Einrichtung für geflüchtete Jugendliche und in der Berufsberatung. Ein etwas geläufigeres Synonym zu Sozialarbeiter ist die Bezeichnung Sozialpädagoge.

In diesem Branchenfeld merkt man hinsichtlich der Digitalisierung, dass man sich in einer Einrichtung mit verhältnismäßig fortgeschrittenem Digitalisierungsreifegrad befindet, wenn die Dokumentation des Tagesgeschäfts zumindest nicht mit Stift und Papier angefertigt wird. Und wenn die Berichte nicht ohne weitere Beachtung oder Analyse zur bloßen rechtlichen Absicherung oder zur Vorhaltung erbrachter Leistungen vor dem Leistungsträger in einem Leitzordner archiviert werden.

Sehen wir uns das Szenario „Maßnahmendokumentation“ genauer an. Auf den ersten Blick betrachtet wäre die Tatsache der händischen Dokumentation nicht weiter problematisch. Was sollte an einer Dokumentation mit Stift und Papier ungünstig sein, zumal auch die Papierform dem Anspruch der rechtlichen Absicherung oder zum Nachweis von erbrachten Leistungen gegenüber dem Finanzier (etwa Jugendamt, Krankenkasse, Rentenkasse) vollkommen genügt? Auch sind die meisten Mitarbeitenden an dieses Dokumentationsformat gewöhnt. Die erforderlichen Berichte werden von Hand sehr viel schneller „zu Papier“ gebracht als durch Tippen am digitalen Medium.

Zunächst mündet eine papiergeführte Dokumentation zwangsläufig in mindestens einem Medienbruch. Als Medienbruch gilt eine Situation, in der entweder von der Papierform zu digital übersetzt wird oder von digital zur Papierform – und ab und an auch wiederum erneut zu digital. Derartige Situationen boten sich in meinen beschrittenen Tätigkeitsfeldern an allen Ecken und Enden.

Eine weitere Antwort, auf die oben gestellte Frage, offenbart sich mit Blick auf die Zeitaufwände für Dokumentationstätigkeiten im Pflegebereich. Aus unterschiedlichen Studien, die ebendiese analysierten, ging hervor, dass Dokumentationstätigkeiten circa ein Drittel der Arbeitszeit des Fachpersonals ausmachen. Durch den adäquaten Einsatz von EDV und eine sachgerechte Form der Digitalisierung konnte der Zeitaufwand auf rund 15% bzw. in manchen Stichproben sogar auf 5% reduziert werden (Inqua 2010; Zieme  2010; Halfar 2019, S.16, Hahnel et al. 2020)

Mein Werdegang

Aufgrund meiner in die Wiege gelegten IT-Affinität stand nach dem Abschluss des technischen Zweigs der Realschule die naheliegende Berufsperspektive des Fachinformatikers im Raum. Neben meiner ausgeprägten Leidenschaft für Technik begleitete mich allerdings immer auch eine Zweite: der Wunsch danach, Menschen in schwierigen Lebenssituationen zu unterstützen und so mit Hilfe meiner offenen, nahbaren Art sozial und gesellschaftlich Verantwortung zu übernehmen. Mein Verlangen dieser Bestrebung nachzugehen, überwog im sechzehnten Lebensjahr gegenüber meinem technischen Interesse. So ging ich auf die Fachoberschule und studierte anschließend soziale Arbeit.

Nach meinem erfolgreichen Studienabschluss begegnete mir das Thema, wie oben bereits beschrieben, in der Sozialarbeitspraxis immer wieder und triggerte meine Wünsche danach, umständliche und/oder qualitativ unbefriedigende Arbeitsprozesse unter der Zuhilfenahme angemessener, technischer Lösungen auszumerzen und zu optimieren.

Die Auswirkungen der Coronapandemie, mit all ihren Folgen für die Praxen im sozialen Sektor, gab mir den letzten Anstoß. In der Einrichtung, für die ich zu dieser Zeit tätig war, gab es coronabedingt Kurzarbeitsanordnungen. Bereits während des Lockdowns in der zweiten Welle (2020) war es hierdurch vereinzelt zu Kündigungen gekommen. Ich digitalisierte in Zusammenarbeit mit meiner Abteilungsleiterin innerhalb eines äußerst straff angesetzten Zeitrahmens das Beratungsangebot und schulte das Kollegium in der Verwendung von Microsoft Teams sowie in der Onlinedurchführung unserer hierfür angepassten Seminare. Bis zur gesicherten Ermöglichung von Präsenzveranstaltungen blieb die Begleitung der digitalen Seminare und die Behandlung gegebenenfalls auftretender Probleme, technischer wie auch Anwenderprobleme, ein bedeutender Teil meiner Arbeit. Die Seminare wurden im Nachgang von den Teilnehmenden sowie unserer Einrichtungsleitung als „gut geglückt“ rückgemeldet.

Meine Begeisterung für die Aufgabenbereiche, die mir im Rahmen dieser besonderen Situation zukamen, motivierte mich dazu nach einer Berufsperspektive zu suchen, in der sich meine beiden Leidenschaften vereinen lassen. Ich wusste von einem meiner früheren Professoren, Prof. Dr. Helmut Kreidenweis, dass aktuell ein aufkeimender Zweig im Dunstkreis der sozialen Arbeit entsteht, der ebendiese Kompetenzbereiche zum Fach hat: die Sozialinformatik.

Das Gebiet der Sozialinformatik

Die Wirtschaftsinformatik hat es zur Aufgabe, Lösungen für Unternehmen der freien Marktwirtschaft bereitzustellen und zu implementieren, die auf die digital gestützte Optimierung von Geschäfts- und Betriebsabläufen abzielen. Voraussetzung für eine gewinnbringende Umsetzung ist dabei, dass die Benutzerperspektive in genügendem Maße berücksichtigt wird. So sind im gesamten Prozess die Mitarbeitenden eines Unternehmens angemessen miteinzubeziehen und als Erfolgsfaktor anzuerkennen.

Mit der Sozialinformatik verhält es sich überaus ähnlich. „Nur“, dass es sich bei den Kunden um Unternehmen und Einrichtungen der Sozialwirtschaft handelt, also Krankenhäuser, Altenpflegeeinrichtungen, Schulen, Behinderteneinrichtungen, Einrichtungen der Flüchtlingshilfe etc. Auch hier ist das übergeordnete Ziel die Optimierung von Betriebsabläufen. Die Zielperspektive unterscheidet sich allerdings dadurch, dass die Maxime nicht die Kostenminimierung (Verschlankung von Betriebsprozessen, weniger benötigtes Personal, Reduktion der laufenden Unterhaltungskosten etc.) bei gleichzeitiger Gewinnmaximierung ist. Hier geht es primär um die Bestrebung bestehendes Personal zu entlasten, die Gewinnung neuen Personals durch einen zunehmend attraktiven Arbeitsplatz zu erleichtern sowie eine qualitative Verbesserung der Leistungen am Menschen zum Wohl der Klienten/Patienten zu gewährleisten. Auch in dieser Branche geht es um eine zukünftige Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderer Dienstleister, ob sozial oder wirtschaftlich.

Auch in der Umsetzung unterscheiden sich IT-Projekte in der Sozialwirtschaft von Projekten in einem betriebswirtschaftlichen Umfeld. Es herrscht eine andere Unternehmenskultur: finanzielle Mittel sind zumeist weitaus knapper bemessen und Mitarbeitende befinden sich, bedingt durch die emotionale Intensität ihres Arbeitsalltags, oft in enormen Belastungssituationen. Derlei Rahmenbedingungen bringen besondere Herausforderungen mit sich, zu deren Identifikation und Bewältigung ich mich mit meiner Begeisterung für Technik und meinem ausgeprägten sozialen Bewusstsein berufen fühle. So möchte ich dazu beitragen, dass auch Unternehmen der Sozialwirtschaft, mit ihren Adressaten und ihren Arbeitskräften, von den immer neuen und zunehmend besserwerdenden Lösungen aus dem Feld der Informatik profitieren können!

Mein Weg zu digatus

Zu verdanken habe ich es wohl Herrn Prof. Dr. Kreidenweis, dass die Suche nach meinem Traumjob nicht fruchtlos geblieben ist. Er wies mich auf eine offene Stelle bei digatus hin. In der Business Unit „Digitales für Menschen“ finden sich hier Mitarbeitende zusammen, die sich auf Digitalisierungsvorhaben und digitale Prozessoptimierung in der Sozialwirtschaft spezialisiert haben. Über digatus absolviere ich nun berufsbegleitend den Masterstudiengang „Sozialinformatik“ an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und arbeite mich als frischer Junior Consultant parallel in die Welt des IT-Consulting ein.

Mein Ziel ist es hier, und ich freue mich darauf, sozialwirtschaftlichen Unternehmen den Arbeitsalltag mit Hilfe adäquat abgestimmter, digitaler Lösungen zu erleichtern und den Mitarbeitenden in hohem Maße Verwaltungs- und Dokumentationsstress von den Schultern zu nehmen, sowie durch digitale- netzwerk- und KI-Unterstützung Arbeitspraxen zu erleichtern und qualitativ zu verbessern. Verbessern zu Gunsten der Unternehmen, der Adressaten und nicht zuletzt zu Gunsten der Mitarbeitenden.

Also ein Job mit einschlägigem Technikbezug und einem ausgeprägten sozialen Bewusstsein.

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