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IT Carve-out – Definition, Ablauf und wichtige Informationen

Ein IT Carve-out im Rahmen von M&A erfordert viel Planung und Vorbereitung, bei denen mehrere Aspekte zu beachten sind. Dieser Beitrag bietet einen Einstieg in das Thema und einige praktische Hinweise für eine zügige Umsetzung eines Carve-Out-Projektes.

Definition: Was ist ein Carve-out?

Unter einem Carve-out versteht man die Ausgliederung oder den Verkauf von Unternehmensteilen, beispielsweise eines Geschäftsbereiches zu einer rechtlich selbstständigen Einheit. Mit anderen Worten wird ein bestimmter Geschäftsbereich von einem Unternehmen abgespalten, und zwar mit allem, was dazu gehört: Personal, Finanzen, Know-how, Daten.

In der Regel verkauft eine Muttergesellschaft eine Minderheitsbeteiligung (Minority Interest) ihrer Tochtergesellschaft an andere Investoren. Hierbei bleibt die veräußernde Gesellschaft nach wie vor die Mehrheitseigentümerin an den veräußerten Unternehmensteilen und behält sich das Recht vor, deren Wachstum und die Zukunft weiterhin mitzugestalten.

Oft stellen sie nach dem Verkauf sowohl Strategien als auch nötige Ressourcen bereit, um eine unternehmerisch eigenständige Entwicklung der veräußerten Unternehmensteile voranzutreiben. Ein Carve-out ermöglicht eine Art Unternehmensumstrukturierung, bei der die ausgegliederten Geschäftsbereiche ihren eigenen Vorstand haben und den jährlichen Abschluss eigenständig verwalten.

Warum nutzen Unternehmen einen Carve-out?

Ein IT Carve-out ist immer eine Belastung für Unternehmen, weil die Einheit so schnell wie möglich verkauft werden soll; mit so wenig Aufwand, wie möglich. Das ist für das Target, also für das Verkaufsobjekt, eine sehr hohe Belastung, finanziell wie arbeitstechnisch.

Die Gründe für einen Carve-out können vielfältig sein. Manche Gesellschaften trennen sich von bestimmten Unternehmensteilen, um sich auf ihr Kerngeschäft voll und ganz konzentrieren zu können. Andere erhoffen sich, durch das so gewonnene Kapital andere Investitionen tätigen zu können oder die Liquidität zu verbessern. Häufig stellt ein Carve-out Vorbereitung für eine vollständige Veräußerung dar.

Eine besondere Form eines Carve-outs bildet der sogenannte Equity Carve-out. In dessen Rahmen gehen die Anteile einer Tochtergesellschaft als Initial Public Offering (IPO) an die Börse. Diese Lösung hat den Vorteil, dass eine Muttergesellschaft schnell an neues Kapital kommt, indem sie gleichzeitig die Aktienmehrheit und damit einhergehend die Kontrollrechte über ihre Tochtergesellschaft behält.

Da eine vollständige Veräußerung der Unternehmensteile mehrere Jahre dauern kann, ist ein Carve-out manchmal eine Notlösung, zu der Muttergesellschaften greifen, um erfolgreich zu bleiben. Es kann allerdings auch sein, dass eine vollständige Veräußerung der Geschäftsbereiche seitens eines Mutterunternehmens unerwünscht ist. Dann stellt ein Carve-out eine strategische Entscheidung dar, die Marktposition zu verändern oder zu erweitern.

Worin unterscheiden sich Carve-out und Spin-off?

In der Unternehmenswelt gehören Carve-outs und Spin-offs zu den beliebten Veräußerungsstrategien, die jeweils nach eigenen Prioritäten gewählt werden. Die Unterschiede zwischen beiden Verfahrensweisen bestehen vornehmlich in der Möglichkeit zur Einflussnahme, in der Beteiligung am Umsatz oder Gewinn sowie in den Methoden des Börsengangs.

Will eine Muttergesellschaft an der ausgegliederten Tochtergesellschaft ihren prägenden Einfluss behalten, wendet sie einen Carve-out als Veräußerungsstrategie an. In diesem Zusammenhang wird auch ein Wunsch nach der Einnahmenerzielung aus den veräußerten Unternehmensteilen sehr stark. Ein Carve-out kommt oft dann zum Einsatz, wenn eine Muttergesellschaft nicht daran glaubt, dass sie für ihre gesamte Tochtergesellschaft einen Käufer findet.

Im Gegensatz dazu trennt sich eine Muttergesellschaft bei einem Spin-off gänzlich von ihrer Tochtergesellschaft, die zu einem unabhängigen Unternehmen wird. In der Regel erzielt eine Muttergesellschaft keinen Umsatz oder Gewinn von neuem Unternehmen, auch wenn sie an diesem möglicherweise noch eine Kapitalbeteiligung hat. Geht eine Tochtergesellschaft im Rahmen eines Spin-offs an die Börse, werden die Anteile nicht an die Öffentlichkeit verkauft, sondern an die derzeitigen Anteilseigner (Interessengruppen) ausgeschüttet.

Was macht einen Carve-out technisch so komplex?

Unabhängig davon, aus welchen Beweggründen sich ein Unternehmen für einen Carve-out entscheidet, ist ein starkes Bewusstsein für die Komplexität dieses Prozesses erforderlich. In der Tat lässt sich ein Carve-out aus SAP oder einem anderen System von einem Tag auf den anderen kaum durchführen. Vielmehr ist es wichtig, ein bevorstehendes Projekt sorgfältig zu planen und mit allen relevanten Stakeholdern abzustimmen.

Die besondere Herausforderung bei einem IT Carve-out ist somit die Komplexität, die in extrem kurzer Zeit zu managen ist. Denn der verkaufte Unternehmensanteil muss sich intensiv und innerhalb kurzer Fristen wie ein eigenständiges Unternehmen damit beschäftigen, wie es mit ihm weitergeht.

Neben vielen organisatorischen und vertraglichen Vorkehrungen müssen Unternehmen im Rahmen eines Carve-outs für eine saubere Trennung von Daten, IT-Systemen und Prozessen sorgen. Dies liegt darin begründet, dass diese das Rückgrat sämtlicher Geschäftsaktivitäten sind. Jene Daten und Informationen, die dem auszugliedernden Unternehmensteil zugeordnet werden, müssen nach Identifikation und Selektion in ein neues, eigenständig operierendes System überführt werden.

Des Weiteren ist die Projektplanung auf die jeweilige IT-Architektur, Strukturen und Datenmengen abzustimmen. Schließlich sollten Unternehmen darauf achten, dass sowohl die Datenüberführung als auch die Datenlöschung aus dem bisherigen Quellsystem gesetzeskonform erfolgt. Diesbezüglich darf man vor allem die aktuell gesetzlich geltenden Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten nicht außer Acht lassen.

Welche Fragen gilt es vor Durchführung eines Carve-outs zu stellen?

Diese Fragen helfen dabei, sich auf einen Carve-out vorzubereiten:
  • Welche Daten sind herauszutrennen?
  • Wie lassen sich die herauszutrennenden Daten identifizieren? Erfolgt dies über einen Mandanten oder einen Buchungskreis?
  • Welche Systeme beinhalten Daten, die eine (digitale) Archivierung erfordern?
  • Gibt es bestimmte Entwicklungen innerhalb der Systeme, die man mit in den Prozess einkalkulieren muss?
  • Existieren Daten, die aufgrund der EU-Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO) vor Extraktion zu anonymisieren oder zu löschen sind?
  • Gibt es einen vorgegebenen Zeitraum, in dem die Extraktion von Daten abgeschlossen werden muss?
  • Wie lassen sich Daten in ein neues System am besten überführen?
  • Wann ist der Abschluss des gesamten Prozesses geplant?

Wie kann ein Carve-out-Projekt aussehen?

Ein Carve-out ist ein komplexer Prozess, bei dem die folgenden Phasen unterschieden werden:

  1. Analyse: Am Anfang steht eine sorgfältige Untersuchung der vorhandenen Daten und Systeme.
  2. Planung: Direkt auf die Daten- und Systemanalyse folgt die Erstellung eines detaillierten Projektplans unter Berücksichtigung von Meilensteinen und Terminen.
  3. Testlauf: Nun findet eine Prüfung der Programme zur Datemmigration auf Funktionalität und Sicherheit statt.
  4. Ausführung: Ist ein Testlauf gut gelaufen, werden die einzelnen Meilensteine laut Projektplan schrittweise umgesetzt.
  5. Validierung: Jetzt ist es wichtig, die in ein neues System überführten Daten sowie den Stand der bisherigen Systeme zu prüfen.
  6. Dokumentation: Im letzten Schritt werden alle durchgeführten Projektaktivitäten einschließlich der Anwendertests protokolliert.

4 Erfolgsfaktoren für einen Carve-out

Ganz egal, ob ein Carve-out aus SAP oder einem anderen System zu erfolgen hat, empfiehlt es sich, die folgenden Punkte in jedem Fall zu berücksichtigen:

1. Sorgfältige Planung

Eine gute Planung ist die halbe Miete. Ein Carve-out-Projekt wird nur dann den gewünschten Erfolg verzeichnen, wenn er sorgfältig vorbereitet und mit allen relevanten Stakeholdern abgestimmt ist. Ohne einen klaren Überblick über das gesamte Transformationskonzept und die einzelnen Projektschritte riskieren Unternehmen im Rahmen eines Carve-outs schwerwiegende Fehler, unnötige Kosten sowie zeitliche Verzögerungen.

2. Internes Know-how

Ein Carve-out ist ebenfalls ohne die intensive und enge Zusammenarbeit mit der IT-Abteilung kaum vorstellbar. Dies liegt vor allem daran, dass IT-Experten über ein tiefes Datenbank- und Tabellenverständnis verfügen, das für eine saubere Datentrennung unabdingbar ist. Sie sind auch mit den bestehenden Verlinkungen und Schnittstellen (APIs) bestens vertraut und können dabei helfen, die Datenmigration reibungslos durchzuführen.

3. Wahl der Software

Eine Software erlaubt es, Betriebsunterbrechungen wegen eines Carve-out-Projektes möglichst gering zu halten oder sogar gänzlich zu vermeiden. Dies ist besonders dann der Fall, wenn eine Transformationssoftware oder ein ETL-Tool auf spezifische Bedürfnisse eines Unternehmens abgestimmt ist. Dabei sind eine maximale Automatisierung und ein hohes Maß an Flexibilität für eine straffe Umsetzung sämtlicher Projektschritte sehr gefragt.

4. Externe Expertise

Es kann passieren, dass intern das notwendige Know-how fehlt und der Erfolg eines Carve-outs gefährdet ist. In einer solchen Situation lohnt es sich, eine Unterstützung seitens externer Experten, wie digatus, in vollem Umfang wahrzunehmen. Sie können ein Unternehmen mit fachlicher Beratung und Expertise unterstützen, indem sie ein verantwortliches Team durch alle Phasen eines Carve-out-Projektes umfassend begleiten.

IT-Kosten im Carve-out: Welche Faktoren gilt es bei der Kostenschätzung zu beachten?

IT-Leiter stehen somit vor der Herausforderung, eine konkrete Kostenabschätzung innerhalb kürzester Zeit zu erstellen. Oft sind die Infrastrukturkosten doch höher als gedacht: denn wenn beispielsweise der verkaufte Unternehmensanteil über keine eigene IT-Infrastruktur verfügt, kann dies die Kosten schnell in die Höhe treiben. Stellt sich im Laufe des Carve-outs heraus, dass die geschätzten Kosten zu niedrig waren, müssen zusätzliche finanzielle Mittel für den IT-Bereich bereitgestellt werden, welche unter Umständen in anderen Unternehmensbereichen eingeplant und benötigt werden. Setzt man die Kosten für den IT Carve-out zu hoch an, werden finanzielle Mittel unnötig gebunden. Gleichzeitig muss die Schätzung kurzfristig erstellt werden, um eine Gesamtplanung des Carve-outs zu ermöglichen. Erfahrungsgemäß gehört der IT Carve-out jedoch zu den kompliziertesten und langanhaltendsten Prozessen, wodurch oftmals versteckte Kosten erst im Laufe der Separierung zu Tage kommen. Um diese Kosten trotzdem frühzeitig und möglichst akkurat zu bestimmen, können IT-Leiter einige Maßnahmen anwenden und dadurch den Gesamtprozess bestmöglich unterstützen.

Sich einen Überblick verschaffen

Zu Beginn ist es entscheidend, die bestehende Kostenstruktur zu analysieren und diese in einzelne Bereiche zu unterteilen. Hauptkostentreiber innerhalb des IT Carve-outs sind hier zum einen die monatlichen Kosten des TSAs (Transitional Service Agreement) selbst, Lizenzen und sonstige IT-Verträge, das ERP System, weitere Non-ERP Applikationen, die IT-Infrastruktur sowie Hardware und Kosten für Telefonie. In der Praxis zeigt sich, dass Unternehmen hier von einem konsequent geführten Inventar in Verbindung mit den dazugehörigen historischen Daten profitieren. Durch diese erste Analyse können verschiedene Kostenpunkte identifiziert und notwendige Schwerpunkte gesetzt werden.

Definition Soll-Zustand (Baselining)

Nachdem die IT-Leitung sich einen generellen Überblick verschafft hat (Baselining) und somit eine geeignete Ausgangslage generiert worden ist, gilt es zu bestimmen, wie die zukünftige IT-Landschaft auszusehen hat. Dies ist unter anderem maßgeblich davon abhängig, welche Art von Deal (z.B. Asset oder Share Deal) vorliegt und ob IT-Komponenten des Käufers übernommen werden. Eine weitere Möglichkeit ist ein sogenannter Green Field Approach, wobei die IT-Landschaft vollständig neu aufgebaut werden muss.

Kostenschätzung

Mit der tatsächlichen Kostenschätzung folgt der komplexeste und aufwendigste Teil des Vorgangs. Dies lässt sich am besten durch die Kombination einer Bottom-Up bzw. Top-Down Analyse bewältigen. Die Praxis zeigt, dass die letztliche Schätzung oftmals in der Mitte der beiden Ansätze liegt. Typischerweise werden Kosten nach dem Top-Down Ansatz durch die IT-Leitung geschätzt, wobei häufig auf den umfangreichen Erfahrungsschatz externer Berater zurückgegriffen wird.

Durch die Heterogenität der einzelnen Transaktionen ist das Ergebnis dieser Analyse nur bedingt korrekt und sollte durch eine detaillierte Kostenanalyse nach dem Bottom-Up Prinzip ergänzt werden. Zusätzlich profitieren die verantwortlichen IT-Leiter innerhalb dieses Ansatzes von weiterem Input der unteren Hierarchie-Level und vermeiden dadurch, dass Kostenpunkte vollständig vergessen werden. Für Themen mit kleinerem Umfang sollte ein pragmatischer Ansatz gewählt werden und die Kosten grob beziffert und verhältnismäßig an die Gesamtschätzung angelehnt werden.

Zusätzlich müssen die notwendigen Personaltage zusammen mit den verantwortlichen Führungskräften für die einzelnen Segmente geschätzt werden. Je nach Größe des Unternehmens und der damit verfügbaren internen Ressourcen müssen ggf. zusätzliche Kosten für externe Spezialisten berücksichtigt werden.
Abschließend sollte in jedem Fall ein Kostenpuffer miteinkalkuliert werden, für den Fall, dass Kosten höher ausfallen als erwartet oder es zu Kostenpunkten kommt, welche zu Beginn des Carve-outs nicht erkannt bzw. nicht ersichtlich waren. Dadurch werden Diskussionen vermieden, für den Fall, dass das Budget überschritten wird und weitere Mittel benötigt werden.

Fazit

Es gibt kein allgemein gültiges Rezept für den Erfolg eines IT Carve-outs im Rahmen von M&A. Deswegen ist es ratsam, dass Unternehmen ihr Projekt ganz nach den individuellen Bedürfnissen und Anforderungen ausrichten. Ungeachtet dessen ist die Gesetzeskonformität in Bezug auf den Datenschutz und die Datensicherheit zu bewahren. Um den gesamten Prozess zu beschleunigen und reibungslos zu gestalten, können Unternehmen auf bewährte Vorgehensweisen und Tools zurückgreifen.

Christoph Pscherer

Christoph Pscherer
Seit fast 20 Jahren bewegt er sich im IT-Umfeld und sammelte dabei Erfahrungen in verschiedensten Rollen und Bereichen. Durch seine jahrelange Erfahrung als Service Manager kennt er die Herausforderungen und Bedürfnisse auf Kundenseite. Dieses tiefe Verständnis und Wissen setzt er bereits seit über zwei Jahren bei digatus ein. Als Projektmanager liegt sein Tätigkeitsschwerpunkt im Bereich IT M&A wo er vor allem Carve-Out Projekte leitet.

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